Die Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen hatten sich intensiv mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Durch diese schulische Auseinandersetzung waren sie sehr gut auf das Zeitzeugengespräch vorbereitet, in dem ihnen Frau Eva Weyl am 08. Januar 2025 ihre Lebensgeschichte präsentierte.
Mithilfe persönlicher Fotos und historischer Dokumente schilderte Weyl eindrucksvoll die Geschichte ihrer Familie, die aus Kleve fliehen musste, wo sie ein großes Kaufhaus betrieben hatte. Die Flucht in die vermeintlich sicheren Niederlande erwies sich jedoch schnell als Albtraum. Im Alter von fünf Jahren erlebte Eva den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Bereits im Mai 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande, und die Familie Weyl wurde ins Konzentrationslager Westerbork deportiert.
Nach den Beschlüssen der Wannsee-Konferenz wurden wöchentlich etwa 1.000 Gefangene aus Westerbork in die Vernichtungslager Auschwitz oder Sobibor transportiert. Auch Anne Frank und Leni Valk standen auf diesen Todeslisten. Mit viel Glück entkamen Eva Weyl und ihre Eltern diesem grausamen Schicksal und erlebten im April 1945 die Befreiung des Lagers durch kanadische Soldaten.
Eva Weyl, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, hob das erschreckende Alleinstellungsmerkmal des Naziregimes hervor: das „industrielle Töten von Menschen“. Gleichzeitig gab sie den Jugendlichen eine bedeutende Botschaft mit: „Ihr seid nicht verantwortlich für die Leiden des Nationalsozialismus und den Holocaust, aber wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht.“
Besonders berührend war die Erzählung ihrer Jugendzeit, als sie sich während eines Freiburg-Besuchs in den Sohn eines bekannten Nazis verliebte. Sie verstand damals nicht, warum er für die Taten seines Vaters verantwortlich gemacht wurde und ihr der Umgang mit ihm untersagt wurde.
Eine weitere bewegende Geschichte berichtete sie aus jüngster Zeit: Bei einem ihrer Vorträge gehörte auch der Urenkel des berüchtigten Lagerkommandanten von Westerbork, Albert Gemmeker, zu den Zuhörern. Gemmeker, der kaltblütig die Transporte in den Tod organisierte, hinterließ tiefe Spuren in der Geschichte. Durch den Urenkel nahm Weyl Kontakt zur Familie Gemmekers auf. Beeindruckend war die Zusammenarbeit mit Gemmekers Enkelin, einer Grundschullehrerin am Niederrhein, die gemeinsam mit Weyl auf Vortragsreise ging und dabei offen über die schwierige Beziehung zu ihrem Großvater sprach.
Die Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen zeigten sich tief beeindruckt. „Die Geschichte von Frau Weyl hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, die Vergangenheit nicht zu vergessen. Wir tragen die Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten“, so ein Schüler aus der 9b. Auch eine Schülerin aus der 9c war bewegt: „Es war unglaublich, wie viel Mut und Stärke Frau Weyl ausstrahlt. Ihre Botschaft hat mich sehr berührt und inspiriert, für eine bessere Zukunft einzutreten.“
Am Ende der Veranstaltung bedankten sich alle herzlich bei Eva Weyl für ihre offenen Worte und die eindrucksvollen Einblicke in ihr Leben. Ein besonderer Dank gilt Herrn Lauks, der dieses Gespräch ermöglicht hat.