Kurz nach dem internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocausts fuhren die Schülerinnen und Schüler des Geschichte-Leistungskurses und des -Grundkurses zusammen mit den begleitenden Lehrkräften Herrn Lauks und Frau Corbach nach Oświęcim in Polen, um die Gedenkstätte Auschwitz/Auschwitz Birkenau und die Stadt Krakau zu besuchen.
Ziel der Fahrt ist es, sich intensiv mit diesem Teil der deutschen und polnischen Geschichte auseinanderzusetzen und das heutige kulturelle Leben in Oświęcim und Krakau zu entdecken.
Nach der Ankunft im Centrum für Dialog und Gebet in Oświęcim erhielten die Schülerinnen und Schüler zunächst eine Einführung in die Geschichte und Topografie des Ortes, bezogen auf die Errichtung des Stammlagers (Auschwitz I) und des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II). Am Nachmittag stand die Stadtbesichtigung in Oświęcim an. Der Weg in die Stadt führte an den Mauern des Stammlagers vorbei. Vor den Mauern sind neue Wohnhäuser gebaut worden. Schemenhaft ragen die alten Blockhäuser hinter diesen hervor. Die Schülerinnen und Schüler begriffen, wie nah sie sich der Gedenkstätte Auschwitz I befanden.
In Oświęcim wurde neben dem Hauptmarktplatz mit historischen Gebäuden, der Pfarrkirche und der mittelalterlichen Hügelburg mit Turm, auch das jüdische Museum mit der dazugehörigen Synagoge besichtigt. Die Schülerinnen und Schüler erhielten einen Überblick über die Geschichte der jüdischen Gemeinden in dieser Region Polens. Der Besuch der Synagoge mit den vielen detailgetreuen Nachbildungen war für die Schülerinnen und Schüler sehr eindrucksvoll.
Am nächsten Morgen wurden die Schülerinnen und Schüler mit dem Bus zum Eingang der Gedenkstätte „Stammlager (Auschwitz I)“ gefahren. Die Anspannung vor dem Kommenden war deutlich zu spüren. Im neu errichteten Besucherzentrum wurde die Gruppe vom Audio-Guide über einen Weg zwischen hohen und grauen Betonwänden, durch dunkle Tunnel zum Gelände geführt. Durch kleine Lautsprecher wurden Namen der Opfer in Auschwitz vorgelesen. Eine bedrückende, kühle und einsame Stimmung breitete sich aus. Niemand sprach, nur die Stimme aus den Lautsprechern war zu hören.
Langsam und schweigsam führte der Audio-Guide die Schülerinnen und Schüler weiter auf das Gelände. Hinter einer Abbiegung standen sie unmittelbar vor dem bekanntesten Schriftzug „Arbeit macht frei“, der für Hohn und Verspottung der Opfer steht. An dem alten Wachposten vorbei betraten die Schülerinnen und Schüler nun das Gelände des alten Stammlagers. In den verschiedenen Blockhäusern befinden sich Ausstellungen, Arbeitszimmer und Aufenthaltsräume der SS-Soldaten, originale Untersuchungszimmer, in denen menschliche Versuche und Experimente durchgeführt wurden, Folter- und Gefängniszellen sowie Unterkunftsräume mit unmenschlichen Sanitäranlagen. In allen Blockhäusern hängen heute Fotografien von Menschen mit ihren Nummern und Informationen über ihr Ankunfts- und Sterbedatum. Ob es sich bei den Menschen um Frauen oder Männer handelte, erkannte man meist nur an den Namen. Durch Fotografien werden aus den auf Nummern reduzierten Opfern der NS-Ideologie wieder Individuen mit persönlichen Schicksalen. Im nächsten Blockhaus befinden sich persönliche Gegenstände der Opfer: Brillen, Gehhilfen und Prothesen, unzählige Schuhe – auch Kleinkinderschuhe – und ein gigantischer Berg menschlicher Haare. Vielen Schülerinnen und Schüler standen Tränen in den Augen und jeder musste schlucken.
Die Führung durch das Stammlager endete an der Gaskammer mit nebengelegenem Krematorium.
Zurück im Centrum führten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen Reflexionsgespräche. Wichtig in diesen Gesprächen war es, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Das Gehörte und die sichtbaren Zeugnisse der Gräueltaten und Verbrechen der SS-Soldaten wurden reflektiert. In einer anschließenden Phase konnten die Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden, ob sie sich mit weiterem Informationsmaterial zu verschiedenen Themen, z.B. mit der Frage, wer war Rudolf Höß, auseinandersetzen oder lieber ihre Gedanken und Gefühle in kreativen Mal- und Schreibaufgaben verarbeiten wollten. Im Anschluss wurden die Ergebnisse präsentiert.
Am nächsten Morgen stand der Besuch des ehemaligen Vernichtungs- und Konzentrationslagers Birkenau (Auschwitz II) an. Der Bus hielt nicht unweit der alten Rampe an Bahngleisen an. Ca. 100 m musste man den Gleisen folgen und gelangte dann zum Eingangstor Birkenau mit dem hohen Wachturm über der Toreinfahrt. Auf dem Gelände wird die unglaubliche Dimension des Vernichtungsapparates greifbar. Die Ruinen als Überreste der Baracken mit ihren Schornsteinen ragen überall aus dem Boden. Dazwischen sieht man Stacheldraht und Zäune. Die Innenräume der Baracken zeigen die unmenschlichen und unwürdigen Bedingungen, unter denen die Opfer zusammengepfercht leben mussten. In der Nähe der Ruinen der Gaskammern und der Krematorien grasen heute Rehe. Der Ort, an dem einst die Hölle auf Erden mit unvorstellbaren Gräueltaten sich aufgetan hatte, erschien in diesem Moment friedlich und ruhig. Tief ergreifend war der Besuch der Familien- und Kinderbaracken. Nicht weit entfernt stand damals die Untersuchungs- und Forschungsbaracke von Mengele, dem Lagerarzt von Auschwitz, der Experimente und Untersuchungen an Frauen, schwangeren Frauen und Kindern durchführte.
Die unvorstellbare Zahl der Opfer der NS-Ideologie und die unvorstellbaren Grauen sind durch den Besuch der Gedenkstätte (Auschwitz I) und des Konzentrations- und Vernichtungslager Birkenau (Auschwitz II) für alle an der Fahrt Beteiligten sehr real und greifbar geworden.
Am Nachmittag besuchten die Schülerinnen und Schüler die Kunstausstellung „Die Bedeutung der Kunst im Konzentrationslager Auschwitz“ in der Gedenkstätte (Auschwitz I), in der Bilder und Kunstgegenstände, die in Auschwitz gefertigt wurden, gezeigt werden.
Am Abend verließen die Schülerinnen und Schüler nach weiteren Reflexionsgesprächen die Stadt Oświęcim und fuhren in die Stadt Krakau. Am nächsten Morgen erhielten sie eine ausgiebige Stadtführung. Insbesondere das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz, in dem auch der bekannte Film „Schindlers Liste“ gedreht wurde, wurde erkundet. Die Stadtführung und die Auseinandersetzung mit der heutigen jüdischen Kultur wurde am Abend durch ein gemeinsames jüdisches Abendessen mit Livemusik im „Klezmerhois“ im ehemaligen jüdischen Viertel abgerundet. So endete eindrucksvolle und höchst emotional ergreifende Reise in das Nachbarland Polen.