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Von einer Zeitzeugin zu den "Zweitzeugen" - Eva Weyl besucht das KvGG

 

Am 08.03.2023 erklärte sich Frau Weyl, trotz vieler gesundheitlicher Bedenken aufgrund der immer noch bestehenden Corona Pandemie, erneut dazu bereit, das KvGG zu besuchen um Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 9  ihre Geschichte und die Geschichte ihrer Familie während der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen.  Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Herr Hünerbein-Ahlers sowie der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Baumann, nahmen als Vertreter der Stadt an dem Vortrag teil.  Frau Diehr war ebenfalls anwesend. Seit vielen Jahren setzt sich Frau Weyl mit ihren Vorträgen gegen das Vergessen und für das Erinnern ein. Alle Schülerinnen und Schüler folgten den Ausführungen aufmerksam und deutlich betroffen. 

 

Frau Weyl zeigte sich hocherfreut über das Engagement unserer Schule, die sich mit dieser wichtigen Thematik immer wieder aufs Neue auseinandersetzt und die Schülerinnen und Schüler dadurch zu „Zweitzeugen“ macht . Deren Aufgabe verdeutlichte Frau Weyl im Einstieg ihres Vortrags: „Dass es passiert ist, ist nicht eure Verantwortung, aber was ihr mit dem Wissen darüber macht, das liegt in euren Händen.“

 

Frau Weyl begann ihre Erzählung mit einem kurzen Überblick über ihre Lebensstationen. Nachdem ihre Eltern, beide Juden, von Kleve nach Arnheim gezogen waren, um dem nationalsozialistischen Regime zu entfliehen, wurde Frau Weyl 1935 in Arnheim geboren. Sie wuchs dort recht behütet auf, bis die Nationalsozialisten die Niederlande überfielen und besetzen. Dies war ein Bruch in der Geschichte der Familie Weyl, da sie, wie alle anderen niederländischen Juden, nach Westerbork gebracht wurde. Der kleinen Eva Weyl wurde das Verlassen ihres Zuhauses als Reise dargestellt. 

 

Zunächst wurde die Familie  in einer notdürftigen Baracke untergebracht. Die Zustände dort empfand Eva Weyl als erniedrigend.  Jedoch konnte sie die Schule besuchen und mit Freunden zusammen sein. Danach wurde der Familie ein Haus zugewiesen, welches sie sich mit einer anderen Familie teilen musste. Dort wurden Feste gefeiert und Kontakte gepflegt. 

 

Frau Weyl verwies in diesem Zusammenhang auf den besonderen Charakter des Durchgangslagers Westerborks mit dessen Lagerkommandanten Gemmeker. Durch Gemmeker wurde in Westerbork ein Leben suggeriert, das Normalität und gute Versorgung vorgaukelte, während im Hintergrund die Deportationen in den Osten, vor allem nach Auschwitz, stattfanden. Für Frau Weyl ist es heute noch unverständlich, aus welchen Gründen Gemmeker,  der für die Auswahl der zu deportierenden Juden verantwortlich war, nach dem Krieg nur für zehn Jahre verurteilt wurde. 

 

Im weiteren Verlauf erzählte Frau Weyl, dass ihre Familie und sie drei Mal der Deportation entgingen und sie dadurch zu den 5000 Juden gehört, die Westerbork überlebten, wohingegen 102.000 Juden von dort aus in den Tod geschickt wurden.

 

Ihren Vortrag beendete Frau Weyl mit einem Bild, das drei verschiedenfarbige Eiern auf der linken und drei Spiegeleier auf der rechten Seite zeigte, um zu demonstrieren, dass Kriterien wie Aussehen und Hautfarbe keine Rolle spielen dürfen und alle Menschen im Kern gleich sind.

 

Die Schülerinnen und Schüler stellten einige Fragen und zeigten sich sehr beeindruckt.: „Ich fand es erstaunlich, wie offen und ehrlich Frau Weyl über ihre Geschichte spricht“. „Es ist etwas ganz anderes, so eine Lebensgeschichte von einer persönlich Betroffenen zu hören als nur im Lehrbuch darüber zu lesen.“ „Es ist toll, dass Frau Weyl ihre Geschichte immer wieder erzählt um die Erinnerung an die damaligen Geschehnisse wachzuhalten und zu mahnen, dass so etwas sich nicht noch einmal wiederholen darf“, so nur einige Reaktionen der Schülerinnen und Schüler. 

 

Wir danken Frau Kröselberg für die Organisation des Zeitzeugengesprächs, das bereits eine langjährige Tradition am KvGG ist.

 

Katrin Boland,

10.03.2023